Vom Ende des Amtsgeheimnisses …

Am 01.09.2025 ist es so weit: Das Informationsfreiheitsgesetz (BGBl I 5/2024; „IFG“) tritt in Kraft. Hundert Jahre, nachdem die Amtsverschwiegenheit verfassungsrechtlich verankert wurde (Art 20 Abs 2 B-VG) und fast vierzig Jahre nach Schaffung der Auskunftspflicht (Art 20 Abs 3 B-VG) hat beides ein Ende: Amtsgeheimnis und Auskunftspflicht werden abgeschafft, an ihre Stelle tritt ein „Recht auf Zugang zu Informationen“ (Art 22a B-VG).

Dieses Recht ist zweigestaltig: Bestimmte Rechtsträger müssen bestimmte Informationen von sich aus – „proaktiv“ – veröffentlichen. Andere Rechtsträger müssen Informationen nur auf Antrag zur Verfügung stellen.

Das künftige „Recht auf Zugang zu Informationen“ kommt jedermann zu. Da dieses Recht im Verfassungsrang steht, spricht man von einem „Grundrecht auf Information“, das ein Zeichen für den modernen, offenen und transparenten Rechtsstaat des 21. Jahrhunderts sein soll (https://www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/informationsfreiheitsgesetz.html).

Dass das Amtsgeheimnis nie dazu da war, das Amt zu schützen, sondern die Bürger, auf die sich eine amtliche Tätigkeit bezieht, übersehen die Claqueure allumfassender Transparenz ebenso wie das evidente Spannungsverhältnis dieses neuen Informationsrechts zum Grundrecht auf Datenschutz, die Pflicht zur Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und dem Grundsatz der bloßen Parteienöffentlichkeit im Verwaltungsverfahren. Interessanter als das Grundrecht auf Information werden in der Praxis daher wohl die Einschränkungen dieses Grundrechts sein:

  • So sind nur „Informationen von allgemeinem Interesse“ – also Informationen, die für einen größeren Personenkreis von Relevanz sind – proaktiv zu veröffentlichen.
  • Diese Veröffentlichungspflicht umfasst überdies nur Informationen, die ab dem 01.09.2025 entstehen (Art 151 Abs 68 B-VG), nicht aber Informationen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden sind.
  • Veröffentlichungspflichtig sind zunächst alle Verwaltungsorgane von Bund, Ländern und Gemeinden, welche die zu veröffentlichenden Informationen im neugeschaffenen Informationsregister (data.gv.at) veröffentlichen müssen. Nationalrat und Bundesrat, Rechnungshof und Volksanwaltschaft sowie die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichte, der Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof haben solche Informationen auf ihren Webseiten oder im Rechtsinformationssystem des Bundes (www.ris.bka,gv.at) zu veröffentlichen.
  • Gemeinden bis zu 5.000 Einwohnern sind von der Veröffentlichungspflicht ausgenommen, können aber freiwillig veröffentlichen (wobei man gespannt sein darf, wer das tun wird).
  • Der Kontrolle der Rechnungshöfe unterliegende Unternehmen sind nicht proaktiv veröffentlichungspflichtig, müssen Informationen aber auf Antrag zur Verfügung stellen, soweit deren Geheimhaltung nicht aus zwingenden Gründen erforderlich ist. Hier wird es auf eine Abwägung im Einzelfall ankommen.
  • Berufliche Interessenvertretungen – wie zB die Rechtsanwaltskammern – sind nur in Angelegenheiten ihres eigenen Wirkungsbereichs und nur gegenüber ihren Mitgliedern informationspflichtig.

Anders als mancherorts behauptet, ist die neue Informationsfreiheit nicht more of the same der alten Auskunftspflicht. Neu ist vor allem die Verpflichtung bestimmter Rechtsträger, Informationen von sich aus – ohne dass es dazu des Antrags einer interessierten Person bedarf – zu veröffentlichen. In Zeiten, in denen künstliche Intelligenz das Internet durchforstet, um sich fremdes Wissen anzueignen und als eigene Schöpfung auszugeben, ist vorhersehbar, dass diese proaktive Informationspflicht zum Prüfstein für das geistige Eigentum jener werden wird, die noch gewohnt sind, selbst nachzudenken.

Verfasst von:

Dr. Walter Schwartz
Rechtsanwalt und Gründungspartner

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